GRUENE EHINGEN
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[ARCHIV] Am Donnerstag entscheidet der Ehinger Gemeinderat darüber, wie die Reinigungsarbeiten in städtischen Gebäuden vergeben werden. Eine Unternehmensberatung soll beauftragt werden, die Ausschreibung durchzuführen. Sie erhält dafür als Honorar 50 % der Summe, die sie an Einsparungen durchsetzt. Wir halten das für den falschen Weg und sind besorgt, dass sich unsere Stadt an Sozialdumping beteiligt.
Die Gründe: 1. Obwohl es auf dem Papier einen Mindestlohn von 8,55 € gibt, herrschen in der Reinigungsbranche vielerorts üble Zustände. Die Reinigungskräfte (fast ausschließlich Frauen) erhalten meist befristete Arbeitsverträge mit völlig unrealistischen Zeitvorgaben. Tatsächlich brauchen sie deutlich länger, bekommen die Mehrarbeit aber nicht bezahlt. Außerdem kommt es immer wieder vor, dass nach Krankmeldungen Kündigungen ausgesprochen werden, so dass sich die Betroffenen selbst mit ernsten Krankheiten lieber zur Arbeit schleppen. Und am Ende stimmt manchmal nicht einmal der Zahltag. Wehren können sich die Frauen dagegen kaum, wenn sie ihren Arbeitsplatz nicht aufs Spiel setzen wollen. 2. Bis Mitte der 90er Jahre waren die Ehinger Putzfrauen direkt mit regulären Arbeitsverträgen bei der Stadt beschäftigt. Dann hat man hier mit dem sogenannten „Outsourcing“ begonnen. Nach und nach wurden immer mehr Reinigungsarbeiten an eine Fremdfirma vergeben und das eigene Personal reduziert. Heute bezahlt die Stadt 650.000 € pro Jahr für Fremdreinigung. Während früher das Geld bei den Frauen ankam, die die Arbeit erledigt haben, verdient heute auch noch die Reinigungsfirma kräftig mit. 3. Schon heute werden die Reinigungsarbeiten also zu einem großen Teil von Fremdfirmen erledigt. Die beschriebenen Missstände gibt es jetzt schon. Nun soll das Ganze noch billiger werden, und ein Dritter verdient daran auch noch mit: die Unternehmensberatung. Sie legt den Umfang der Reinigungsarbeiten fest, führt die Ausschreibung durch und überprüft in den ersten Monaten die Qualität. Alles aus einer Hand. Ihr Honorar sind 50 % der Summe, die sie dabei pro Jahr einspart. Im Klartext: Je knapper sie die Stundenzeiten kalkuliert, desto mehr Profit macht sie. Wie lange die Reinigungskräfte vor Ort tatsächlich brauchen, ist dann nicht ihr Problem – und auch nicht mehr das der Stadt. Könnte man meinen. Ist aber nicht so: 4. Wenn das oben beschriebene Sozialdumping aufgedeckt wird, also die Frauen systematisch mehr Stunden arbeiten müssen als sie bezahlt bekommen, entgehen den Sozialversicherungskassen Beiträge. Dies wird als Sozialversicherungsbetrug geahndet. Zur Rechenschaft gezogen wird nach Auskunft der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi dann die Stadt als Auftraggeberin („Auftraggeberhaftung“, seit 2009 im Sozialgesetzbuch verankert). Das kann kräftige Nachzahlungen zur Folge haben. Ein unkalkulierbares finanzielles Risiko für die Stadt. 5. Aus den genannten Gründen stellen Kommunen wieder auf Eigenreinigung um. Die Vorteile liegen auf der Hand. Seit 2005 können Neueinstellungen nach Entgeltgruppe 1 bezahlt werden. Das entspricht ungefähr dem gesetzlichen Mindestlohn. Nur dass die Frauen dann wirklich jede Stunde, die sie leisten, bezahlt bekommen. Die Kosten für das Management der Fremdfirma und die Unternehmensberatung kann die Kommune ebenso einsparen wie die 19 % Mehrwertsteuer, die die Fremdfirma am Ende auf alle Leistungen aufschlägt. So wird die Eigenreinigung für die Kommunen sogar günstiger. Von der Einsparung kann ein eigener Reinigungsmanager eingestellt werden, der die Qualität sichert. Und am wichtigsten: Die Stadt wird damit ihrer sozialen Verantwortung gerecht. Es gibt ja noch ein andere merkwürdige Modelle, bei denen ganz viele scheinbar ganz einfach profitiert haben und niemand die Kosten und Risiken sehen wollte: Das Cross Border Leasing. Deutsche Kommunen haben ihre Infrastruktureinrichtungen an amerikanische Unternehmen verkauft und wieder zurück geleast. Heute wissen wir, dass diese komplizierten vertraglichen Konstruktionen die Kommunen enorm teuer zu stehen gekommen sind. Dabei sagt doch der gesunde Menschenverstand, dass solche wundersamen Rechnungen nicht aufgehen können: Dass der Kuchen immer kleiner wird und gleichzeitig immer mehr Mitesser immer größere Stücke davon abbekommen. Zwar werden davon offenbar einige satt. Aber eben nicht diejenigen, die das Geld mit ihrer Arbeit eigentlich verdient hätten: in diesem Fall die Reinigungskräfte. Sie sind das schwächste Glied in der Kette. An einem solchen ausbeuterischen System darf sich die Stadt Ehingen nicht beteiligen. Sie muss garantieren, dass solche Machenschaften in ihrem Verantwortungsbereich nicht stattfinden. Kann die Stadt das nicht garantieren, muss die Ausschreibung gestoppt werden. Dann muss ernsthaft geprüft werden, wie wir – nach dem Vorbild anderer Kommunen – wieder auf Eigenreinigung umstellen können. Damit das Geld, das wir als Stadt ausgeben, auch wirklich bei denen ankommt, die die Arbeit machen. Ohne Sozialdumping. Hinweis auf einen ZDF-Beitrag zum Thema: http://infokanal.zdf.de/ZDFde/inhalt/6/0,1872,8125254,00.html Veröffentlicht am 11. Mai 2011 um 16:44 Uhr. |
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